Hoher Besuch an der GSR

Lebensnahe Schreibaufgaben sollen im Deutschunterricht gestellt werden, so heißt es immer. Warum dann nicht über die Zeit des Homeschoolings schreiben? Das waren die Gedanken, die mir, Monika Wetzstein und Referendarin an der Geschwister-Scholl-Realschule, im letzten Schuljahr im Februar während der Unterrichtsvorbereitung durch den Kopf gingen. Gesagt getan, die Realschüler der 8c bekamen in der nächsten Deutschstunde die Aufgabe, einen argumentierenden Brief an unsere neue Kultusministerin Theresa Schopper zu schreiben. In diesem sollten sie darlegen, wie sie den Distanzunterricht erlebt hatten. Schnell stellte sich heraus, dass die Nachteile ganz klar überwogen und schon wurde losgeschrieben. Als die Schülerinnen und Schüler während der Schreibphase die Frage stellten, ob sie den Brief denn tatsächlich an Verantwortliche abschicken dürften, stieg nicht nur die Motivation zum Schreiben, sondern auch die inhaltliche Auseinandersetzung. So nahm die Sache langsam richtig Fahrt auf.

Die Schreibaufgabe ging in ein Projekt über – das trifft es ganz gut auf den Punkt. Vor der Erstellung eines gemeinsamen Briefs wurde zunächst abgestimmt, ob schulische, private oder technische Probleme für das Lernen zuhause überwogen. Während Tahir am Lehrerpult tippte, wurden die Argumente von den restlichen Schülerinnen und Schülern für einen einzigen Brief zusammengetragen, so dass aus zwölf Schülerbriefen letztendlich ein gemeinsamer Brief zum Versand entstand. Dieser wurde durch unseren Schulleiter Rainer Fischer an den zuständigen Schulrat des Schulamts Mannheim, Jens Drescher, übermittelt, der sich recht schnell dazu bereit erklärte, zu einem persönlichen Austausch mit den Jugendlichen aus der Klasse an unsere Schule zu kommen.

Im diesem Schuljahr nun, am 5. Oktober, fand der gemeinsame Austausch statt. Beteiligt waren neben mir die Realschüler der jetzigen 9c als Autoren des Briefs, Rainer Fischer, Jens Drescher und Nico Lindenthal aus dem Kollegium, der die Öffentlichkeitsarbeit an der Schule mit unterstützt. Von Seiten der Schülerschaft wurden viele Verbesserungsvorschläge vorgetragen, unter anderem die Forderung nach weniger Schulstunden am PC während des Homeschoolings, da dies die Kinder und Jugendlichen leicht überlastet. Ein abwechslungsreicherer Unterricht und mehr zur Verfügung stehende Endgeräte würden das Lernen erleichtern, sollte es ein weiteres Mal zum Distanzlernen kommen. Außerdem waren für einige Schüler Aufgaben ohne die unmittelbare Hilfe ihres Lehrers oder ihrer Lehrerinn nur schwer oder gar nicht lösbar. Das zunehmende Auslassen der Kameras vieler Schüler und Schülerinnen ließ das Lernen immer unpersönlicher werden. Durch mehr Testungen hätte ein Präsenzunterricht schon wieder früher stattfinden können. Die breit gefächerten Argumente der Schüler und Schülerinnen waren ein Appell, sowohl an die Lehrenden, die Schulleitung, die Stadt Mannheim als Schulträger als auch an die verantwortlichen Ministerien des Landes, Versäumnisse einzugestehen und daraus zu lernen.

„Ihr habt euch viele Gedanken gemacht und das sehr toll präsentiert“, lobte Drescher die Vortragenden. „Vieles war nicht vorbereitet, da die Pandemie uns überrascht hat“, räumte er ein. „Teilweise hätte jedoch mehr vorbereitet werden können.“ Der Schulrat erläuterte uns im Rückblick auf die vergangenen Monate viele Sachaspekte aus der Sichtweise der zahlreichen Entscheidungsträger aus Politik und Bildung. So gab es zum Beispiel besonders zu Beginn der Pandemie während der Schulschließungen plötzlich Soft- und Hardwareprobleme durch vermehrte Zugriffe wie etwa auf die Lernplattform moodle, die das Land Baden-Württemberg zum Austausch von Daten und für Videokonferenzen nutzt. Hier mussten Serverkapazitäten erst rasch erweitert werden, damit die Plattform schnell und stabil laufen konnte. Weiterhin sei der Datenschutz ein großes Thema gewesen, bei dem es vieles zu klären gab. Drescher beleuchtete auch den Aspekt, dass die meisten Lehrer zuvor noch keinerlei Erfahrungen mit dem Online-Unterricht gesammelt hatten. „Aus all diesen vorherrschenden Situationen versuchte jede Schule und auch das Schulsystem in den vergangenen Monaten gute Lösungen zu finden.“ Inzwischen habe sich einiges getan, so Drescher weiter. Schüler hätten beispielsweise schon seit längerem die Möglichkeit, über die Schulen Tablets zu bekommen, wohingegen Rainer Fischer als Schulleiter zu bedenken gab, dass die Einrichtung und Wartung der Geräte Personal brauche. Fischer hob positiv hervor, wie rasch unsere Schule mit einer schnellen Internetverbindung von der Stadt Mannheim versorgt wurde und damit gute technische Eingangsvoraussetzungen geschaffen wurden.

Im dem gemeinsamen Austausch zeigte Drescher sehr viel Verständnis für die Anliegen der Schülerinnen und Schüler. Klar war und ist allen Beteiligten, dass unser Land im Bereich der Digitalisierung noch so manches zu tun hat. Klar ist auch, dass die Schülerinnen und Schülern ein Sprachrohr brauchen, um Gehör zu finden. Hier wurde insbesondere die SMV als Mitspracheorgan hervorgehoben, um die Schülerinteressen zu vertreten. Im Schulleben sollte sie stets ein lebendiger Hauptakteur sein. Alle Gesprächsteilnehmer waren sich zum Schluss einig, dass eine gute Feedbackkultur wichtig ist, da sich die Schule im Allgemeinen nur im Austausch von Schüler-, Lehrerschaft und Schulpolitik umfassend und positiv weiterentwickeln kann.

Mit diesem Besuch war für uns der erste Schritt gemacht worden. Wir sind alle mit dem Gefühl, gehört und verstanden worden zu sein am Ende des Schultages nach Hause gegangen.

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