60-Minuten-Takt

Mehr Zeit für Bildung

Unterricht im 60-Minuten-Takt
„Das einzige Mittel, Zeit zu haben, ist, sich Zeit zu nehmen.“ (Bertha Eckstein)
Wir wollen uns diese Zeit für den Unterricht nehmen, um konzentriert an einer Sache arbeiten zu können, um Lernprozesse effektiv zu gestalten und um eine Arbeitsatmosphäre zu schaffen, in der jede Schülerin und jeder Schüler die eigenen Fähigkeiten aktiv entwickeln kann.

Das Konzept
Der Unterricht beginnt um 8.00 Uhr und endet um 15.45 Uhr. Die Klassenzimmer sind ab 7.45 Uhr geöffnet, so dass die Schülerinnen und Schüler individuell ankommen und sich auf den Unterricht vorbereiten können. (Stundenpläne hier)
Pro Tag gibt es sechs 60-minütige Stunden, in der anschließenden 30-minütigen siebten Stunde finden Förderangebote sowie eine klassenübergreifende Aufgabenbetreuung statt. Zwei 30-minütige Pausen nach der zweiten und der vierten Stunde bieten ausreichend Zeit um abzuschalten, zu essen, Energie zu tanken und sich zu bewegen ohne dadurch den Tag zu stark zu zerteilen. Das bisher häufig beobachtete „Mittagsloch“ wird durch eine zu lange freie Phase vermieden.
Für die unteren Klassen schließt sich an die zweite Pause eine verpflichtende Aufgaben- und Ruhezeit an, die von Fachlehrern der Klassen betreut wird. Je nach Klassenstufe finden im Anschluss daran Projekte, Arbeitsgemeinschaften und Fachunterricht statt.
Für die höheren Klassenstufen, v. a. die Stufen 9 und 10, konzentriert sich der Fachunterricht auf die erste bis fünfte Stunde, von 8.00 bis 14.10 Uhr, und liegt somit in der ersten Konzentrationsphase der Tagesleistungskurve. Im Anschluss finden auch hier vorrangig Arbeitsgemeinschaften, Projekte und die Klassenstunde statt.
Die gemeinsame Arbeitszeit für alle Klassenstufen ab 15.15 Uhr bietet die Möglichkeit für „Schüler helfen Schülern“ Angebote, für selbstinitiierte Arbeitsgruppen und Projekte sowie für Beratungsgespräche gerade in der Zeit der Prüfungsvorbereitung.


Unsere Ziele
Sowohl Schülerinnen und Schüler als auch für Lehrerinnen und Lehrer werden durch den ruhigeren Tagesablauf entlastet. Weil pro Tag nur noch maximal sechs Fächer auf dem Stundenplan stehen, gibt es weniger Wechsel und weniger damit verbundene Unruhephasen. Es entsteht eine entspannte Atmosphäre, die ein ruhiges, konzentriertes Arbeiten fördert.
Die Lernzeit in einer Stunde kann besser genutzt und flexibler gestaltet werden. Ohne Zeitdruck können verschiedene Unterrichts- und Lernmethoden gewählt werden. Der Arbeitsprozess kann in der Stunde abgeschlossen werden, so dass sich alle auch nach einer kurzen Pause auf eine neue Aufgabe einlassen können.
Es müssen weniger Stunden vor- und nachbereitet werden, die Anzahl der Hausaufgaben pro Tag reduziert sich. Die Schultaschen werden leichter, weil weniger Material benötigt wird. Der Stundenplan ist überschaubar und entspricht in seinen Zeiten dem natürlichen Zeitablauf.
Im Gegensatz zu einem Doppelstundenmodell mit 90-minütigen Unterrichtseinheiten ist beim von uns gewählten 60-Minuten-Modell eine gleichmäßige Verteilung der Fächer über die Woche möglich. Die Hausaufgabenmenge bleibt überschaubar. Auch für jüngere Schülerinnen und Schüler ist es möglich, sich über einen solchen Zeitraum hinweg zu konzentrieren.
Wichtige Eckpunkte unserer pädagogischen Arbeit aus dem Ganztagsbereich sollten sich auch im neuen Konzept wiederfinden. Die Aufgabenbetreuung im Klassenverband in den unteren Klassenstufen ist für Schülerinnen und Schüler und Eltern ein wichtiges Element. Die Arbeitsgemeinschaften, vor allem im Sportbereich, erfahren jedes Jahr eine große Nachfrage und sollen beibehalten werden. Kurse zum fachbezogenen und methodischen Fordern und Fördern sollen weiterhin Bestandteil unseres Angebots bleiben.


Warum 60 statt 45 Minuten?
„Je besser es Lehrpersonen gelingt, die zur Verfügung stehende Zeit für Unterrichtsinhalte zu nutzen, desto mehr wird gelernt und desto günstiger ist die Leistungsentwicklung“[1] schreibt der Landauer Erziehungswissenschaftler Andreas Helmke. Es stellte sich also die Frage, wie wir die Unterrichtszeit effektiver nutzen können. Wie schaffen wir Raum für Schüleraktivität? Wie können wir offene Unterrichtsformen, handlungs- und problemorientiertes Lernen und die so wichtige Reflektion des eigenen Lernwegs umsetzen, ohne immer wieder unterbrechen zu müssen?
Bei einem Besuch der Gesamtschule Barmen in Wuppertal erlebten Kolleginnen und Kollegen Unterricht in 65-Minuten-Einheiten. Die beeindruckende Ruhe im Schulhaus und die durchweg positiven Rückmeldungen der dortigen Kolleginnen und Kollegen regten uns dazu an, über eine ähnliche Umgestaltung des Schultages nachzudenken.
Im Schuljahr 2008/2009 wurde eine Gruppe aus Kolleginnen und Kollegen von der Gesamtlehrerkonferenz beauftragt, sich mit Möglichkeiten einer solchen Umgestaltung für die Geschwister-Scholl-Realschule zu beschäftigen. Der neue Bildungsplan 2004 war verbunden mit einer deutlichen Stärkung der Selbständigkeit und Eigenverantwortung der Schulen. Schulen werden ermutigt, „eigene Wege zu entwickeln und zu gehen. Dies bietet die Chance für vielfältige Innovationen; die Lehrerinnen und Lehrer haben größere Handlungsspielräume in der Ausgestaltung der Bildungspläne. Die Kontingentstundentafeln unterstützen diese Entwicklung insbesondere im Hinblick auf die Schulorganisation.“[2] Der Tagesablauf der Ganztagsschule bietet im Hinblick auf die Gestaltung des Schultages eine große Flexibilität, gleichzeitig aber auch eine große Verantwortung. Unsere Ziele waren eine Entlastung des Schultages für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrern durch deutlichere Rhythmisierung, klarere Strukturen, einen ruhigeren Tagesablauf und ein Schulklima, in dem alle Beteiligten gerne und motiviert arbeiten und lernen können.

Die Umsetzung
Im März 2011 stimmte das Kollegium mit Zweidrittelmehrheit dem vorliegenden Konzept zu, das der Schulkonferenz dann im Juni zur Abstimmung vorgelegt wurde. Das Konzepts ist nun seit dem Schuljahr 2011/2012 etabliert.

Almuth Helm
 

 


[1] Helmke, A.: Unterrichtsqualität: Erfassen, Bewerten, Verbessern. Seelze 2004
[2] www.bildung-staerkt-menschen.de/schule_2004/fragen_zum_bildungsplan (Stand 29.04.2011)